Verrückt auf die russische Perle Natascha

14.10.2019

Von Willi Fischer

Der Turnverein 1887 ist als Traditions-Verein und größter Verein in der Stadt Kirchenlamitz nicht nur sportlich auf der Höhe, sondern bewegt sich auch erfolgreich auf dem gesellschaftlichen und kulturellen Parkett. Dies stellte jetzt mit Bravour die Theatergruppe mit den elf Mitwirkenden in sieben Aufführungen sichtbar unter Beweis. Zur Aufführung kam der Schwank „Außer Spesen nichts gewesen“ von dem bekannten Autor Bernd Gumpold. Hervorzuheben ist, dass die Darsteller dabei ein herausragendes schauspielerisches Talent zu Tage legten.

 

Das Stück hatte es in sich: Der Inhalt lässt ein urkomisches Verwirrspiel erkennen, das von knisternder Erotik und Doppelmoral gekennzeichnet ist. So herrscht bei der Familie Müller Aufbruch-Chaos, denn alle Familienmitglieder stehen kurz vor einer Reise. Mutter Elisabeth (Karina Tröger) fährt zur Kur. Tochter Sabrina (Rebekka Menzel) will mit ihrem neuen Freund zu einer Rucksacktour nach Tibet aufbrechen. Auch Opa Gustav (Udo Tröger) muss unbedingt an einer Seniorenwallfahrt nach Rom teilnehmen. Vater Gottfried (Rainer Gärtner) packt schon die Reiseutensilien für eine berufliche Fortbildung. Unglücklicherweise hat er sein Bein verstaucht und humpelt mit einer Schiene umher. Die Frau von Gottfried, Elisabeth, zögert deshalb, ihre Kur überhaupt anzutreten. Besorgt ermahnte sie ihren Ehegatten: „Andere lassen sich krankschreiben bei so einer Verletzung“. Als scheinbar pflichtbewusster Beamter antwortet Gottfried: „Elisabeth, Kommunikations-Training, das ist enorm wichtig. Und als Beamter bekomme ich sogar Reisekosten und Fahrgeld dafür. Ich wäre ja blöd, nicht auf Fortbildung zu gehen.“ Gottfried setzt trotz aller Bedenken vehement alles daran, dass alle Familienmitglieder wie geplant verreisen. Das alles hat auch einen eigennützigen Grund, der außerhalb der bürgerlichen Moralvorstellungen steht. Gottfried hat nämlich hoch erotische Fantasien, die darin gipfeln sich mit Natascha (Heike Hübner), einem russischen Callgirl aus dem zwielichtigen Erotikgewerbe, zu vergnügen. Allerdings werden Gottfrieds Vorbereitungen von der äußerst aufdringlichen Nachbarin Helene (Monika Gärtner) durchkreuzt. In all diesem Chaos klingelte andauernd der sympathische Paketbote Martin (Simon Schricker), der hoch brisante Pakete mit einem kompromittierenden Inhalt von Sexartikeln bringt. Der frivole Opa Gustav täuscht seine avisierte Reise ebenfalls nur vor, um die sturmfreie Bude für ein ausgelassenes Gelage mit seinem Freund Max (Stefan Schneider) zu nutzen. Beim Eintreffen des russischen Girls ruft Gustav erfreut bei der aufgedrehten lauten Musik aus: „Natascha! Das macht mehr Spaß als die Seniorenwallfahrt“. Mitten in das Geschehen platzt Postbote Martin hinein. Er verkündet: „Mal wieder Expresszustellung.“ Erstaunt stellt er fest: „Wow, dieses Mal von Sexy-Hexy“. Elisabeths Mutter Frieda (Katrin Dogan), die zum Blumengießen bestellt ist, fällt angesichts des totalen Chaos, das sie vorfindet, in Ohnmacht. Und Elisabeth kommt auch wieder unerwartet nach Hause, sie will sich daheim von dem charmanten Wunderheiler Yogi (Benjamin Sieber) behandeln lassen, der esoterisch angehauchte und wundersam verkleidete angebliche Therapeut mit Heilkräften, der sich jedoch als Schleimer, falsch, verschlagen und Betrüger entpuppt. So ist das totale Chaos vorprogrammiert; denn keiner ist wie geplant verreist und jeder versucht mit wilden und haarsträubenden Geschichten sein „kleines Geheimnis“ zu vertuschen. Am Ende stellt sich noch zu allem Unglück heraus, dass Yogi und Natascha ausgefeilte Betrüger sind, die es nur auf das Geld abgesehen haben. Und was geschieht mit Tochter Sabrina? Sie erteilt ihren Eltern eine heilsame Lektion und kommt zum Schluss noch mit ihrem sehnsüchtig geliebten neuen Freund zusammen. Bei dem heillosen Durcheinander mit Täuschungen, Betrügereien und unwahrscheinlichen Missverständnissen wurden die Lachmuskeln des begeisterten Publikums aufs äußerste strapaziert. Zum guten Schluss wurde jedem der „Schwindler“ zur Erkenntnis der Spiegel vorgehalten.

 

Hervorzuheben sind die sehenswerte reich ausgestattete Bühnenausstattung, in der sogar eine Metallstange für einen Pole Dance aufgebaut wird, sowie die originellen Kostüme. Eine wichtige Funktion nahm die Souffleuse Roswitha Weiß wahr, die dafür sorgte, dass die Schauspieler nicht den goldenen Faden verloren.

 

Stilvoll sorgten die Wirtsleute Ulli und Sabine für Pausensnacks mit Sekt und schmackvollen Häppchen.

 

Die Premiere in dem bis auf den letzten Platz besetzten Turnerheimsaal zeigte sehr deutlich, dass die Theatergruppe den Geschmack der Zuschauer gefunden hat. Es war eine Premiere, bei der die Theatergruppe mit Weltklasse-Format brillierte. Davon zeugten auch der immer wiederkehrende Szenenapplaus und der langanhaltende, begeisterte Applaus am Ende des Stückes.

 

 

Bild zur Meldung: Vorschaubild: Willi Fischer

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Außer Spesen nichts gewesen - Fotos: Willi Fischer (14.10.2019)